Endlich wieder Glockenklang

Drei Jahre schwieg unsere Glocke, weil ihr Turm baufällig geworden war. Mit einem festlichen Konzert konnte sie am 15. Mai 2022 in Groß Oßnig endlich wieder erklingen.

festliche geschmückte Dorfkirche Groß Oßnig
Spendenbox Glockenturm

Die Sanierung des Glockenturms hat ein Loch in unsere Baukasse gerissen. Wir freuen uns über Spenden zum Erhalt unserer drei Dorfkirchen! 2023 feiert die Oßniger Kirche 70-jähriges Jubiläum… dafür möchte sie sich herausputzen und braucht einen neuen Anstrich.

Spendenkonto: Ev. Kirchenkreisverband Lausitz

IBAN: DE34 5206 0410 0603 9001 50

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Verwendungszweck: GKG RT 7163, Bauerhaltung

Wir danken Ihnen für Ihre Unterstützung!

Andacht zur Glocke von Pfarrerin Jette Förster

Manchmal hätte ich gern die Fähigkeit, mit Gegenständen reden zu können. Wie gern würde ich von bestimmten Dingen erfahren, welche Geschichten sie erlebt haben, welche Erinnerungen sie mit sich herumtragen. Wie oft sind die uralten Gegenstände, die uns umgeben – das alte Bauernhaus, das Erbstück von der Urgroßmutter – die einzigen, die die längst vergangene Zeit noch miterlebt haben. Doch ihre Geheimnisse behalten sie für sich.

Stellen Sie sich einmal vor, wir könnten die Glocke in unserem neuen Glockenturm von Groß Oßnig fragen, was sie eigentlich so erlebt hat. Da würden wir zum einen noch Jahre hier sitzen. Zum anderen könnten wir längst Vergessenes über diesen Ort hier und vielleicht auch über uns selbst erfahren.

Diese Glocke, sie trägt die Geheimnisse der Zeit mit sich herum und erzählt uns heute einen Teil ihrer Geschichte:

Zu Anfang plustert sie sich ein bisschen auf, denn sie ist stolz, dass sie heute so wichtig genommen wird, dass so viele gekommen sind, um sie zu hören. Sie will sicher gehen, dass auch alle gut zuhören, denn sie steht ja in uralter Tradtion:

Glocken gibt es seit über 5000 Jahren. In der Kulturgeschichte gelten Glocken sogar als die ältesten Musikinstrumente. Glockenklänge sind weltumspannend, verständlich und verbindend für Menschen gleich welcher Hautfarbe und Herkunft sie auch immer sein mögen.

Seit ungefähr 1500 Jahren werden sie im Christentum als Rufinstrumente und als Zeichen für liturgische Handlungen eingesetzt. Glocken rufen zum Gebet und zur Fürbitte, sie zeigen Zeit und Stunde an und erinnern an die Ewigkeit. Sie verkünden eine Aufforderung, motivieren zum Handeln, erinnern an die Liebe Gottes.

In Groß Oßnig gibt es schon seit dem 14. Jahrhundert eine Kirche. Vielleicht haben dort von Anfang an Glocken geläutet, das weiß unsere Glocke auch nicht mehr so genau.

Sie selbst trägt die Inschrift: 1578 Das Blut Jesu Christi reinigt uns von all unseren Sünden.

Ihre Inschrift ist ein Versprechen, Gottes Versprechen an uns. Und ist selbst eine Erinnerung: an den Tod von Gottes Sohn vor bald 200 Jahren. Ihre Inschrift hat unsere Glocke als Widmung erhalten, damit sie stellvertretend für uns Gottes Botschaft verkündet, auch wenn wir gerade selbst nicht anwesend oder unaufmerksam sind.

Die Glocke erzählt uns vom Krieg und davon, dass sie so etwas nie wieder erleben will. Bis zu jener Zeit hatte sie noch zwei Schwestern.

Zu den Höhepunkten des Kirchenjahres haben sie immer gemeinsam mit voller Kraft geläutet. Weihnachten, Ostern,, Himmelfahrt, Pfingsten... zur Konfirmation, beim Bischofsbesuch… Auch zu anderen Anlässen hatten die Glocken ihrem Dorf treue Dienste getan: ganz schnell wurde der Klöppel an die Seite der Glocke geschlagen, wenn es um das Feuer-, Sturm- oder Alarmläuten ging – so warnten die Glocken vor Gefahr. In der Advents- und Passionszeit und bei Beerdigungen und Trauerfeiern schwiegen zwei von den drei Schwesternglocken, denn das sind Fastenzeiten oder Trauertage, so darf man das auch beim Läuten hören. Die Glocken weisen dann mit ihrem Schweigen darauf hin, dass jemand fehlt.

Unsere Glocke erzählt uns vom Krieg. Eines Tages wurden ihre Schwestern abgeholt und für Munition eingeschmolzen. Sie erinnert sich mit Schrecken daran, wie die Oßniger Kirche ausbrannte und auch der Glockenturm gänzlich vernichtet wurde.

1953 aber wurde die Kirche in Oßnig neu geweiht und auch ein Glockenturm entstand wieder am Westeingang. Unsere Glocke fand einen neuen Schutzraum, von dem aus sie ihre Dienste tat.

Weil der Glockenturm unsicher war, hat die Glocken die letzten drei Jahre geschwiegen. Jetzt erklingt sie wieder. Sie ruft zum Gottesdienst und läutet unter der Woche immer 18 Uhr den Feierabend ein. Wenn Sie Ihre Oßniger Kirchenglocke klingen hören, lauschen Sie: Die Glocke unterbricht den Alltag, die Gleichgültigkeit, sie mahnt und erinnert.

Pfarrerin Jette Förster